archivseite krit-journal über den wtc-anschlag
zum aktuellen krit
impressum
 


H.o.m.e


 


 
WTC-Anschlag  |  17 09 2001
 
Ralph Segert
Kampf der Kulturen?
 
Mancher Link bereitet mir Magenschmerzen. So zum Beispiel Nur nicht provozieren! (SPIEGEL Online am 16. September). In diesem Text weist Henrik M. Broder zu Recht auf die Argumentationsmuster der »Feingeister« in Feuilleton-Spalten und Friedensbüros hin, die den islamische Terror verharmlosen. Mit welchen Interessen, erzählt uns Herr Broder nicht, stattdessen kontert er im gleichen Atemzug mit einem »Kampf der Kulturen«, der geprägt durch die »reine Lust am Morden«. Auch ist es »egal, wer die Täter und Hintermänner waren, ob sie gefunden werden oder nicht. Es wird nicht der letzte Anschlag bleiben. Am Anfang waren es Auto- und Kofferbomben, dann menschliche Bomben, und nun sind es Flugzeuge, die punktgenau ins Ziel gelenkt werden. Die eskalative Logik schreit nach Fortsetzung«
 
Was schliessen wir daraus? Wer heute nicht im »Kampf der Kulturen« Härte zeigt, darf sich nicht wundern, wenn eines Tages eine terroristische Atombombe explodiert?
 
»Wer im Stande ist, das World Trade Center zum Einsturz zu bringen und das Pentagon in Brand zu setzen, der kann auch mehr. Der wird als nächstes eine Atombombe klauen oder kaufen und nicht zögern, sie auch zu zünden.«
 
Das Bedrückende an dieser Abrechnung ist die verdeckte Verharmlosung der Gefahr eines neuen Weltkrieges. Die pauschale Schuldzuweisung an die arabische Welt rechtfertigt die Gewaltspirale, bereitet uns innerlich auf einen unbarmherzigen Vergeltungskrieg vor. Wir sollen zuschauen und die Rache als Recht der freien Welt empfinden! Während Tausende von Menschen in der Gesellschaft sich langsam regen, um eine Eskalation der Gewalt zu verhindern, holt der einflußreiche Publizist ganz tief aus der Mottenkiste der Polemik den »Kampf der Kulturen« heraus und offenbart erstaunlich wenig Fingerspitzengefühl. Das verweist auf düstere Zeiten und macht diejenigen, die jenseits von überkommenden Ideologien für eine gerechtere Verteilung der Ressourcen einstehen, zum inneren Feind der Demokratie. Und was man dem wünscht, hat Herr Broder in seiner aktuellen Abrechnung mit Mathias Bröckers angedeutet: »Es sei denn, dass er eines Tages in das falsche Flugzeug steigt und als Fettfleck an einer Hochhauswand endet.« - rs am 17.09.01
 

^^^                               H.o.m.e