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Herr Krit interviewt Blogger und Netzleute

Wider der „Contentlusche“

Supatyp bloggt seit über 3 Jahren intensiv auf Antville und ist dort nicht mehr wegzudenken. Sein Bloggen ist oftmals eine spöttisch-ironische Kommentierung von Medien-, Konsum- und popkulturellen Ereignissen, die seine Besucher nicht selten zu ebenso gearteten Kommentaren verführen.

Herr Krit: 1184 Tage Weblog. Erinnerst Du Dich noch an den ersten Tag?

Supatyp: Von Webloggen jetzt? Ja, dunkel. Cursor hatte die ganze Zeit immer rumgestichelt, dass ich noch kein Blog habe. Wir hatten uns schon vorher bei www.thema1.de [u.a. mit jeanluc und schmerles] ausgetobt, das ging dann im Eimer. Jeanluc und cursor waren bereits bei den Ameisen und irnzwann bin ich dann auch schwach geworden.

Herr Krit: Und Deine Art zu schreiben, dieser gesteigerte Ruhrpottslang, denn Du auch oft in Kommentaren konsequent durchhälst: Ist der nicht manchmal anstrengend oder ist der einfach drin?

Supatyp: Fiftyfifty schätz ich. Wenns anstrengend wird, dann lass ichs halt. Ausserdem gibts manchma Themen, da is das nich gut für. Aber zu den ernsten Sachen mach ich auch immer seltener was. Kein Bock mehr.

Herr Krit: Warum kein Bock mehr?

Supatyp: Keine Ahnung. Oder etwa doch? Ernste Sachen kann ich vleicht nich so gut wie die serious Blogger.

Herr Krit: Mich fasziniert ja immer wieder der Button .com egal. Was bedeutet der? Steht diese Wendung – oder auch andere, wie das konsequente im Internetz – im Zusammenhang mit bestimmten Threads?

Supatyp: Der Button is von jeanluc gebastelt. Der Spruch lässt sich auch – wenn ich mich nich irre – auf ihn (oder ihn und cursor) zurückführen. Mein Beitrag besteht darin, .com egal durch permanenten Einsatz ins kollektive Gedächtnis von Internetz, jetz weiss ich den Satz nich mehr weiter.
Gibt auch .com egal T-Shirts inzwischen. Ich habe selbsverständlich keins.

Herr Krit: Über 3 Jahre bloggen, da kommt was zusammen an Postings. Welche gehören zu Deinen Highlights, haben besonders viel Spass gemacht und unvergessene Diskussionen bewirkt?

Supatyp: Highlights ausserhalb der Mostreads? Die ganze Arschsackgirliestrecke, da bin ich immer noch bisschen stolz drauf. Hätte ich gerne mit dem Begriff innen Duden geschafft. Das wären guter Stunt gewesen.

Dann die ganzen Listensachen, wo man 25 tolle Filme oder den schlechtesten Schlager sucht, da .com die Leute plötzlich aus ihre Bloglöcher und posten ganz rappelig.

Und schön sind all die ganzen unvorhergesehenen Discossionen. Wo man nur kurz was ins Blog wirft und dann gehts rund. Mittlerweile habe ich da meine Stammleser, da passieren so Ausreisser nich mehr sehr häufig. Vor kurzem das The Sun Cover zur Papstwahl, das war noch mal oft geklickt, aber nich so doll discotiert.

Herr Krit: Stichwort Impactblogger: Metabloggen scheint nicht zu Deinen Leidenschaften zu gehören, oder? ;)

Supatyp: Weil Metabloggen Leiden schafft. Das wird ja sehr schnell oft traurig, wenn man sieht, wer sich da alles anpreist als Blogger, auf den die Welt grade noch gewartet haben soll. Bloggen ist Handwerk mittem Kopp. Und das beherrscht man entweder gut, weniger gut oder eher kaum bis gar nicht. So ungefähr etwa.

Herr Krit: Was nun nicht bedeuten muss, dass nicht im kleinen Kreis oder öffentlich übers Bloggen nachgedacht werden könne. Zum Beispiel über Bloggen und Geldverdienen, Bloggen und Schreiben, Bloggen und Journalismus. Oder sind das alles keine Themen für Dich, die Dich beschäftigen? Wenn doch, welches besonders?

Supatyp: Bloggen und Geldverdienen am ehesten noch, aus ganz ordinär existenziellen Gründen. Bloggen und Journalismus intressiert mich überhaupt nich. Das bringt kein weiter!

Herr Krit: Du hast als Gastblogger auf IT&W in 10 Postings auf den Punkt gebracht: Wie supatyp 1mal den Punk erfand. Wie hast Du Punk entdeckt und was fasziniert Dich an Punk?

Supatyp: Zur Erlangung eines akademischen Titels habe ich mal zu Punk rumgeforscht, was zu geschrieben, war damit u.a. bei Willemsen in sein Fernsehen als Vorgruppentyp vor Michael Jackson und werd das Ding echt nich mehr los. Is nämlich schon länger her.

Was mich an Punk fasziniert? Gute Musik, gute Leute mit guten Styles und der richtige Arschtritt für die Hippies. Hätt ja sons keiner gem8.

Herr Krit: Und was ist Punk heute, noch lebendig?

Supatyp: Punk heute ist ein Witz, über den keiner mehr lachen mag. Voll.com raus aus den stilbildenden Instanzen.

Herr Krit: Aber Fussballspielen heute is kein Witz, wenn ich Deine sonntäglichen Berichte über die Siege und Niederlagen lese. Bist Du mit Fussball gross geworden und was bedeutet Dir das regelmässige Spielen mit dieser Truppe?

Supatyp: Das sonntägliche Fussballspielen ist deshalb toll, weil ich da sehen kann, wieviel supa ich immer noch bin, wenn ich halbwegs mit den 10fümfzehn Jahre Jüngeren mithalte ein bisschen etwas. Ausserdem habe ich über 4 Killo abgenomm, seitdem ich bei den mitkicke. Fußball bin ich mit groß geworden (und klein geblieben). Ich bin auf Asche geboren und werde auf Asche sterben.

Herr Krit: Ok, zurück zu den stilbildenden Instanzen und den guten Styles: Was verstehst Du darunter?

Supatyp: Von Musik über Mode bis hin zum Graphik-Design hat Punk in den 80ern unheimlich viele, heute noch erkennbare Einflüsse in zig kulturellen Segmenten ausgeübt. Punk heute hat sich spätestens mit der Allianz mit den Bahnhofsstrichern und -pennern die letzte Wucht genommen.

Herr Krit: Wenn ich das richtig verstanden habe, laufen die 25 filme, die ein kind mit 16 gesehn haben muss auch unter der Rubrik Medienerziehung für Deine Tochter. Warum sind Dir gerade 25 ausgewählte Filme wichtig oder woher kommt überhaupt die Kompetenz, die gezielt aus der unüberschaubaren Masse bestimmen zu können.

Supatyp: Das war, weil damals so pa Kulturfuzzis einen Filmkanon zur Medienerziehung aufstellen wollten. Und bevor die sagten, in der Klasse 10 muss man alle Wim Wenders Filme kucken, wollte ich die armen Kinder vor bewahren mit einer alternativen Liste.

Wer nich in irgendeiner Form deutlich machen kann, dass er das, was er macht und dass er seine Leser und Leserinnen liebt, der ist verloren in der Blogosphäre.

Für die Erziehung der Tochter machte das ziemlich einfach. Erziehen ist ja immer Einüben der bereits existierenden bebilderten Welt. Und da im TV gibts schon Bilder fertig. Muss man nur noch kucken und was zu sagen. Hat ja auch geklappt, find ich. Wenn so ein 14 jähriges Mädchen weiss, wann Vietnam Trauma im Fernsehen grade dran is.

Ach weiss nich, ob Kompetenz dafür das richtige Wort is. Selbs viel mit offene Augen durche Welt laufen reicht da voll.com vermutlich.

Herr Krit: Zum Thema Antville noch: Für die einen blutet Antville langsam aus, weil immer mal wieder beliebte Weblogschreiber die Tastatur hinschmeissen, andere sehen in Antville eher eine überhebliche, abgehobene Gesellschaft, so mein Eindruck manchmal. Was ist Antville für Dich?

Supatyp: Antville ist für mich das beste, was ich aus Österreich kenne. Das Gelaber um den realen, unterstellten oder vermuteten Zustand von Antville intressiert mich nich. Das sind Leute, die unterhalten sich auf Parties auch stundenlang über 5 Euro Knöllchen für Falschparken. Muss man nur mal kucken, welche arme Fackeln mit dem Thema hausieren gehen.

Herr Krit: Über Deine Kommentarstreifzüge hast Du sicher schon viele Antvilleblogs sich entwickeln und verändern sehen. Wie sorgten diese Blogger für Aufmerksamkeit?

Supatyp:
Konstanz! Jetzt nicht das Kaff da. Sondern die Garantie regelmäßiger Lieferungen in kurzen Abständen. Wird unterschätzt. Aber SWR zum Beispiel, wenn der nur die Hälfte alle paar Tage raushauen würde, hätte der kaum Klicks.

Unterhaltung! Bloggen ist Entertainment. Wer das nich kann, kann nicht toll bloggen. Herzensbildung! Wer nich in irgendeiner Form deutlich machen kann, dass er das, was er macht und dass er seine Leser und Leserinnen liebt, der ist verloren in der Blogosphäre.

Herr Krit: Deine Lieblinge unter den Schimpfwörtern für Blogger? ;)

Supatyp:
Contentlusche

Herr Krit: Wie passend zur Antwort vorher! – Vielen Dank für das Interview. Du hast das letzte Wort. Liegt Dir noch etwas zu einem fehlenden Thema auf der Zunge, noch eine Botschaft für die Leute da draussen oder hast Du gar eine ganz eigene Antwort auf die Frage aller Fragen?

Supatyp: Hey, Kachelmann! Ich krich gleich Besuch. Mach mal die Sonne raus für zum auffe Terasse sitzen! Verstanden?

3. Mai 2005 | archiv | |