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Verdienen mit News ? - Januar 1998

Wolfgang Bleh über sein Projekt "Internet Intern", eines der besten News-Dienste im deutschsprachigen Web. Praktisch nah am Puls des Internets.

KriT: Wie kam es zu Internet Intern und was für ein Konzept verfolgst Du?

WB: Da muß man eher von Konzepten sprechen, denn bei so einem Vorhaben muß man immer wieder mal Richtungsänderungen vornehmen. Als ich mit Internet Intern Anfang 1996 an den Start ging, sollte eigentlich ein ganz normaler Print-Newsletter daraus werden. Inzwischen ist es eher ein arbeitsintensives Nebenprodukt, das aber Spaß macht.

Ich muss dazu sagen, daß ich zuvor Uni-Mitarbeiter war, dort das Internet kennengelernt hatte und die Entstehung des WWW quasi staatlich gefördert mitverfolgen konnte.



Nächstes Jahr gibt es das
Internet doch gar nicht mehr




Was da passierte, hat mich begeistert und ich habe sofort angefangen das Internet in meine Veranstaltungen einzubauen. So gab es gemeinsame Seminare mit einem befreundeten Prof in Rhode Island via Internet. Da haben dann gemischte Gruppen aus den USA und Deutschland zusammen Themen bearbeitet und dabei ganz nebenbei das Internet und natürlich ihr Gegenüber jenseits des Atlantik kennengelernt. Den deutschen Profs waren diese Sachen eher suspekt: "Internet? Was hat das denn mit Massenkommunikation zu tun? Überhaupt: Nächstes Jahr gibt es das Internet doch gar nicht mehr."

Als dann meinem Institut finanziell die Puste ausging und ich keine Lust mehr hatte, für langweilige Projekte aus dem Bereich "Gewalt und Medien" Drittmittel einzuwerben, habe ich mit Unterstützung eines Freundes aus der News-Branche Internet Intern gegründet. Das war eigentlich als eine Art Nachrichtenagentur in Sachen Internet geplant. Damals fand man in den Zeitungen nur Artikel wie "Porno im Internet". Heute ist die Situation schon etwas besser geworden.

Die Sache mit dem Print-Newsletter erwies sich als machbar, denn ich fand tatsächlich einen Kundenstamm, der solche Nachrichten brauchte. Aber das Geschäftsleben bot doch einige Überraschungen für mich.

Ich war beispielsweise maßlos sauer, als ein großer Verlag Mitte 96 mir auf einmal eine Abmahnung schickte wegen des Titels Internet Intern.

Da der Verlag einige Zeitschriften mit der Zeichenfolge *intern* im Titel herausgibt, meinte man, ich dürfe dies nicht. Das war für einen juristischen Laien wie mich äußerst zermürbend, für die Rechtsanwälte dagegen lächerlich. Die Geschichte ging ohne Verfahren zuende, der Verlag zog sich zurück. Auf den Kosten für Anwälte und Recherchen blieb ich allerdings sitzen.

KriT: Das ist eine Unmege an Arbeit: Recherchieren, Texte schreiben, Kontakte pflegen. Hast Du einen Sponsor oder wer bezahlt das?

WB: Die Redaktion verschlingt natürlich sehr viel Zeit und Geld. Die Einnahmen durch die Newsletter- Abonnements decken dies zwar weitgehend, aber zum Leben, geschweige denn zum Erhalt eines Unternehmens reicht dies nicht. Wenn es nur Internet Intern gäbe, dann würde mir das Finanzamt sehr bald mitteilen, daß man für Hobbies keine Gewerbeanmeldung braucht.

Aber ich mache ja noch mehr. Inzwischen arbeite ich mit verschiedenen Unternehmen und Verlagen zusammen. Dabei geht es oft um Texte, aber auch um Beratung und sonstige Leistungen, die mit dem Internet zu tun haben. Ich nehme hierbei auch oft die Hilfe von anderen Autoren oder sonstigen Fachleuten in Anspruch. Die meisten davon habe ich über das Internet kennengelernt.

KriT: Wieiviele User haben eigentlich bisher die Mail-News von Internet Intern bestellt oder anders gefragt: Wie ist die Resonanz auf Deinen Service?

WB: Also was die Zahlen angeht, kann Internet Intern natürlich nicht mit dem SPIEGEL oder dem FOCUS mithalten. Aber bis heute (27.11.) hat intern.de 55.000 Page Impressions alleine im November erhalten.



3000 Leser der Newsletter



Das ist ein ansehnlicher Wert und läßt sich im Vergleich zu anderen Special Interest-Sites durchaus sehen. Darauf kommt es aber auch gar nicht an. Solche Werte kann man ewig manipulieren. Es freut mich mehr, daß jetzt schon 3.000 Leser die Mailing-Liste beziehen.

Toll finde ich auch, daß immer wieder jemand ein Abo bestellt, nur weil er oder sie "unsere Sache gut findet". Da alle Artikel auch im Web liegen, ist das schon eine Art Sponsoring.

Aber es gibt auch ansonsten immer wieder Feedback. Für Momente der Frustration habe ich einen Mail-Folder angelegt, in dem ich Leserbriefe sammele. Wenn man mal frustriert ist und liest ein paar nette Briefe, dann muntert das ganz schön auf.

KriT: Vernetzung. Was faellt Dir spontan dazu ein?

WB: Oje, hat das was mit Internet zu tun?

Nee, im Ernst. Der Begriff Vernetzung ist m.E. ein wenig überstrapaziert. Das Internet ist ein Netzwerk von Netzwerken. Das betrifft sowohl die physikalischen Verbindungen, als auch die Begegnungsmöglichkeiten der Menschen im Netz. Für mich hat das Riesennetz Internet inzwischen einen sehr pragmatischen Wert bekommen. Es ist ein Netzwerk für die paketierte Datenübertragung, sonst nichts. Es wird auch bald von allen ebenso selbstverständlich genutzt werden wie das Telefon. Und da man bisher nicht von einer Telefon-Community spricht, wollte ich auch nicht pauschal von einer Internet-Community ausgehen.

Es können sich aber sehr wohl global verteilte Interessensgruppen zusammenfinden. Aus eigener Erfahrung kann ich jedem nur empfehlen, selbst kleine Diskussionslisten mit Freunden und Kollegen aufzubauen. Das ist mit jedem Mail-Programm möglich und bringt eine Menge!

KriT: Deine drei Lieblingsorte im Web sind zur Zeit?

WB: Das kann ich so nicht sagen. Schließlich besuche ich täglich die verschiedensten Sites aus den unterschiedlichsten Beweggründen. Dazu gehören viele Datenbanken und Suchmaschinen, wovon die eine so wichtig ist wie die andere. Eine Site besuche ich aber immer wieder: Das Dilbert Archive. Just for fun.

KriT: Vielen Dank für das Interview.

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