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Argumentativ auf der Höhe - Mai 1999

Die Suchmaschine Fireball steht für Erfolg und Engagement im Netz. Grund genug, dem Projektleiter Dr. Detlev Kalb ein paar Fragen zu stellen.


 

KriT: Was ist eigentlich Fireball? Eine ganz gewöhnliche Suchmaschine mit einem Webindex der besten Websites und zugleich eine Werbeplattform für Firmen, die einen Millionen-Etat unterbringen müssen? Oder mehr?

DK: Sicher mehr, nämlich die größte deutsche Suchmaschine, sowohl was die Reichweite als auch was die Anzahl der indexierten deutschsprachigen Webdokumente angeht. In beiden Aspekten ist Fireball Marktführer, und zwar deutschlandweit, was die Reichweite betrifft, und weltweit hinsichtlich der Größe des deutschsprachigen Indexes. Darüberhinaus ist Fireball auch die deutsche Suchmaschine mit den ausgefeiltesten Suchmöglichkeiten, die den unerfahrenen Nutzer genauso umfassend bedient wie den professionellen Rechercheur. Viele meinen deshalb, Fireball sei auch die beste deutsche Suchmaschine. In der Tat verfügte Fireball von Anfang an über verschiedene sehr innovative technische Merkmale wie z.B. die Spracherkennung der Fireball-Roboter oder die volle Unterstützung von Meta-Tags, die selbst die großen internationalen Suchmaschinen nicht hatten und dann erst nachträglich einführten.

Selbstverständlich ist Fireball auch Werbeplattform, und wenn Firmen einen Millionenetat bei uns lassen (was leider immer noch viel zu selten geschieht), sind wir alles andere als traurig darüber. Schließlich müssen wir die Investitionen für einen Dienst dieser Qualität und Größenordnung ja zurückverdienen.

KriT: Wenn Sie zurückdenken: Wie hat Fireball sich entwickelt, gab es Zäsuren, wenn ja, wie sahen die aus?

DK: Wenn man sich die Entwicklung des Dienstes sowohl unter quantitativen (Reichweite) wie qualitativen (zusätzliche Anwendungen und Features) Gesichtspunkten anschaut, ist das dominierende Merkmal ein ungebrochener Aufwärtstrend seit dem Launch im Juni 1997. Natürlich gab es hier gelegentliche Stillstände und kleinere Einbrüche, die technisch bedingt und unmittelbare Folge des starken Wachstums waren. So haben wir den Dienst zweimal auf eine performantere Hardwareplattform migrieren müssen, und zwar im laufenden Betrieb. Außerdem mußten wir die Netzanbindung von einem Provider auf Multiproviderbetrieb umstellen, und das ebenfalls live und »am offenen Herzen«. Das hat natürlich in der jeweiligen Situation zu Friktionen in Form verlängerter Antwortzeiten oder nicht ganz aktueller Indizes geführt, und das ist unseren Nutzern auch nicht verborgen geblieben.

Die einzige wirkliche Zäsur war das Auslaufen der Kooperation mit T-Online im vergangenen Monat. Voreilige Auguren und selbsternannte Experten haben daraufhin das Aus für Fireball prophezeit. Das ist natürlich pures Wunschdenken der Konkurrenz. Man wird schon in Kürze sehen, daß die Trennung von T-Online Fireball nicht geschwächt, sondern gestärkt hat.

KriT: Fireball hat Erfolg, weiss man. Was heißt das und wie schaffen Sie ihn mit Ihrem Team?

DK: Mal abgesehen von angenehmen persönlichen Nebenwirkungen bedeutet Erfolg für uns vor allem, daß unsere Muttergesellschaft auch weiterhin bereit ist, in Fireball zu investieren und die vielen Projekte, die wir in der Schublade haben und realisieren wollen, zu finanzieren. Natürlich hat der Erfolg von Fireball mehrere Ursachen, unter anderem ein innovatives und tragfähiges technisches Konzept, ein agiles Marketing, ein risikobereites Management und vor allem das ständige Bemühen, die Bedürfnisse der Fireball-Nutzer ernst zu nehmen, wo immer möglich umzusetzen und manchmal sogar ein Stückweit voraus zu ahnen.

Die vielleicht wichtigste Erfolgsursache ist aber das Fireball-Team selbst. Hier ist es gelungen, einige der kompetentesten und kreativsten Köpfe der deutschen Suchmaschinenszene für das Projekt Fireball zu gewinnen und bei der Stange zu halten. Nahezu alle Leute, die den Dienst vor fast drei Jahren erdacht, entwickelt und dann ans Netz gebracht haben, arbeiten auch heute noch für Fireball, zwar teilweise unter anderen organisatorischen Voraussetzungen und um etliche Erfahrungen reicher, aber immer noch mit Begeisterung. Wer sich etwas in den Produktionsverhältnissen von Internet-Projekten auskennt, wird bestätigen, daß diese Tatsache nicht alltäglich ist. Für mich ist sie der stärkste Garant dafür, daß uns der Erfolg auch weiterhin treu bleiben wird.

KriT: Sie stehen auf Design, bemühen sich um Layout, das hat das Redesign von Fireball gezeigt. Was hat Sie überzeugt, gibt es Notwendigkeiten dafür, gehört es gar zum Konzept?

DK: Wir hatten von Anfang an ein bestimmtes Konzept für das Fireball-Design. Es sollte einmal funktional sein und den Dienst leicht und intuitiv bedienbar machen. Zum anderen sollte es Fireball ein unverwechselbares Gesicht in der Menge geben und den Dienst dadurch von den verbreiteten Linkgräbern und Lohnsteuerformularen, aber auch von den vielen allzu glatten und deshalb leblosen Company-Websites unterscheiden. Natürlich ist so etwas notorisch schwierig, was sowohl in den bekannten Beschränkungen von HTML wie in der Tatsache begründet liegt, daß Fireball ja kontinuierlich durch neue zusätzliche Anwendungen und Features erweitert wird, die sich ab einem bestimmten Grade nicht mehr optimal in dem bestehenden optischen Rahmen präsentieren lassen und dann ein grundlegendes Redesign erforderlich machen. Der von Ihnen erwähnte Relaunch wird deshalb sicher nicht der letzte gewesen sein. Aber wie gesagt, wir machen das nicht aus rein ästhetischen Erwägungen und um der schönen Optik willen, sondern getreu dem alten Bauhaus-Motto "Form Follows Function".

KriT: Ich vermisse bei Fireball irgendwie die portalmässige Aufblähung. Können Sie es sich nicht leisten, sind da Vernunftgründe am Werke, gar eine andere Haltung? Oder suchen Sie noch ein paar Dienste, die Gruner+Jahr aufkaufen könnte? ;-)

DK: Ich persönlich mag den Modebegriff »Portal« überhaupt nicht, weil ich den Verdacht nicht loswerde, daß es sich dabei vorwiegend um einen Marketing-Hype handelt, der bald den Weg aller anderen Internet-Hypes gehen wird. Die dem Begriff zugrunde liegende Beobachtung, daß bestimmte Websites den Charakter von Eingangspforten zum Internet haben, ist zwar nicht von der Hand zu weisen, aber eher banal. Dies trifft vor allem auf Sites zu, die unverzichtbare Infrastrukturdienstleistungen anbieten, wie z.B. Zugangsprovider, Hersteller von Browsersoftware, Free-Email-Dienste oder Suchmaschinen. In diesem Sinne könnte man Fireball auch als Portal bezeichnen. Die von Ihnen erwähnte »portalmäßige Aufblähung« vermeiden wir durch die Strategie der Fireball-Produktfamilie. Diese beruht darauf, um Fireball herum weitere Dienste mit eigenständigen technischen Funktionen und eigener Kernkompetenz zu gruppieren, und diese zu starken Marken zu entwickeln, die eine bestimmte Zielgruppe ansprechen. So wie Fireball für die Suche nach deutschsprachigen Webdokumenten steht, so steht Paperball für die Suche nach tagesaktuellen Zeitungsartikeln und Firemail für schnelle und komfortable Free-Email-Funktionen. Zwar reichern wir diese Anwendungen noch durch zusätzliche redaktionelle Inhalte an, es scheint uns für den Erfolg dieser Strategie aber wichtig zu sein, daß diese Dienste ihre Kernkompetenz auch klar und deutlich vermitteln und nicht verwässern. Es würde mich allerdings nicht wundern, wenn es auch dafür bald wieder ein Modewort gibt, vielleicht »Hub-Sites«?

KriT: Suchen im Internet. Wie erklären Sie das einem Einsteiger der wenig Zeit hat?

DK: Ganz auf die Schnelle: immer erst mal kurz überlegen, was man eigentlich genau sucht. Dann besser zwei oder mehr Suchwörter eingeben als nur eins, und immer möglichst konrete Begriffe benutzen, also z.B. »chartern« statt »segeln« und »Segelboot« statt »Boot«, wenn man ein Segelboot chartern möchte. Irgendwann sollte man sich dann aber doch die Zeit nehmen und zumindest bei seiner Lieblingssuchmaschine die Hilfeseiten, die »häufig gestellten Fragen« oder die »Tips und Tricks« lesen. Das dauert meist nur eine Viertelstunde, verbessert die Suchergebnisse aber dramatisch.

KriT: Sie waren einer der ersten Dienste unter den Großen im Web, die die Initiative Freedom for Links unterstützten. Das hat mich beeindruckt! Was hat Sie bewegt dazu?

DK: Einmal die damalige Situation, die stark durch das vorangegangene Urteil gegen Felix Somm geprägt war, das ja von vielen Netizens im In- und Ausland für ein krasses Fehlurteil gehalten wurde. Zum anderen die Tatsache, daß es in der Sache Steinhövel/Best um eine zentrale Kernfrage des Webs ging, nämlich die Frage der Rechtmäßigkeit von Hyperlinks. Und schließlich, das soll hier nicht verschwiegen werden, war uns auch daran gelegen, für Waffengleichheit in der Auseinandersetzung zwischen Best und Steinhövel zu sorgen.

KriT: Vielen Dank für das kompakte Interview. :-)


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