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Lehrjahre

Martin Aignesberger erzählt über seine Arbeit als Shareware-Autor, die Rolle von Software-Patenten und über die Entstehung des Website-Watchers.


 

KriT: Du entwickelst und vertreibst Shareware wie den WebSite-Watcher. Wie ist das Programm auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit anderen Autoren entstanden und was ist das besondere an Deiner Software?

Martin: Vor ca. 2 Jahren lernte ich Dieter Berretz im Internet kennen, zu dieser Zeit war sein FTP-Uploader gerade in der Entwicklungsphase und ich bin als Beta-Tester eingestiegen. Dadurch konnte ich den Ausbau ganz gut beobachten und fand selbst zunehmend Reiz an der Shareware-Szene, bis ich einige Monate später selbst mit einem eigenen Shareware-Tool begonnen habe. Das Thema war für mich von Anfang an klar und ich habe mich für den WebSite-Watcher entschieden, nachdem ich selbst lange auf der Suche nach so einem Tool war, aber ich kein wirklich geeignetes fand. Ich bekam dann viele Tipps von Dieter und ich denke, ich habe ihm auch viel konstruktives Feedback zu seinem FTP-Uploader geben können - man hat ganz einfach mit den Erfahrungen des anderen rechnen und diese auch meistens gezielt verwerten können.

Nun, was das Besondere an meinem Programm ist, sollten lieber die Anwender selbst entscheiden. Das Besondere für mich ist, dass ich während der Entwicklung sehr viel Feedback von Anwendern berücksichtigen kann. Gerade mit dem Medium Email hat man eine grosse Chance, mit einfachen Mitteln direkten und internationalen Kunden-Kontakt zu pflegen und so das Beste für sein Produkt rauszuholen.


KriT: Was bedeutet es, erschwingliche Software zu machen, ich meine arbeitsmäßig, bezogen auf Feedback, auf neue Kontakte, auf die berufliche Zukunft?

Martin: Wenn Du wie in unserem Fall konkurrenzfähige Shareware machen willst, bedeutet das sehr viel Arbeit. Einserseits steckt im Produkt selbst sehr viel Zeit und es müssen auch mit zunehmender Verbreitung immer mehr Support-Anfragen beantwortet werden. Andererseits macht man mit dem ersten Shareware-Produkt (auch nach vielen Jahren Erfahrung in der Software-Entwicklung) seine Lehrjahre und muss sich mit Themen wie Vertrieb übers Internet, Zahlungsmoral oder Schutz gegen Cracks intensiv beschäftigen und neue Erfahrungen sammeln.

Von Feedback und neuen Kontakten kann ich eigentlich nur positiv berichten, neben vielen konstruktiven Vorschlägen haben sich bei den Anwendern auch nette Bekanntschaften ergeben. Zukunft bedeutet für mich im Bereich Shareware vor allem, schnell und flexibel auf neue Situationen reagieren zu können - dazu gehören auch der intensive Kontakt zum Anwender, neue Techniken oder sich ändernde rechtliche Gegebenheiten.


KriT: Kannst Du von der Software-Entwicklung leben oder ist es nur ein Taschengeld, was monatlich hereinkommt?

Martin: Ich bin hauptberuflich Software-Entwickler, die im Internet angebotenen Sachen sind aber nur ein Teil meiner Arbeiten. Der Schwerpunkt liegt in der Erstellung von Individual-Software, die ich vertraglich gebunden für eine Firma entwickle und für mich auch seit Jahren fixes Haupteinkommen ist.
Der Einstieg in die Shareware-Szene hatte anfangs (neben der Inspiration durch den FTP-Uploader) in erster Linie den Grund, mich mit neuen Techniken zu beschäftigen, wieder mal eine neue Entwicklungsumgebung kennenzulernen und neue Erfahrungen zu sammeln.

Was den Verkauf betrifft, hatte ich anfangs absolut keine Vorstellungen und konnte auch keineswegs abschätzen, ob ich jemals eine Version verkaufen würde, ob eine derartige Software ankommt bzw. wie sich das ganze über die Monate/Jahre entwickeln wird. Nun, seit Version 1.0 ist sehr viel passiert und ich hätte mir vor einem Jahr nie erträumen lassen, wie die aktuelle Version 3.20 jetzt aussieht. Alleine die ersten Registrierungen hatten damals voll eingeschlagen und waren neben dem vielen positiven Feedback ein tolles Erfolgserlebnis :-) Mittlerweile wird WebSite-Watcher seit etwas mehr als einem Jahr angeboten und ich bin mit den Verkaufszahlen mehr als zufrieden. Ich habe mir damit ein zusätzliches Standbein geschaffen, handhabe das aber als schönes Zusatzeinkommen, mit dem ich mir den einen oder anderen Luxus leiste, den ich mir sonst nicht geleistet hätte :-) Finanziell abhängig würde ich mich aber von einem einzigen Shareware-Produkt nicht machen, das Konzept der Shareware bzw. Vertrieb meiner Software über das Internet ist aber auf alle Fälle eine wesentliche Säule für meine persönliche Zukunft.

KriT: Thema Software-Patente: Welche Hindernisse birgen sie für Deine Arbeit als Softwareentwickler und siehst Du eine wirkliche Gefahr innerhalb der EU?

Martin: Das ist ein sehr heikles Thema, das sich bei international vertriebender Shareware nicht nur auf die EU beschränkt.
Es bedeutet für mich einerseits, dass sich Software-Entwickler, die ihre Programme auch selbst vertreiben, immer mehr mit rechtlichen Gegebenheiten auseinandersetzen müssen. Sei es nun das hier angesprochene Patentrecht, das Markenrecht oder auch "nur" das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Das knifflige dabei ist ja der internationale Vertrieb über das Internet, es könnten also US-Rechte verletzt werden, obwohl man innerhalb der EU korrekt handelt oder auch umgekehrt.
Andererseits können Patente klarerweise Hindernisse und auch Gefahren darstellen. Insbesondere für Anbieter, die sich Lizenzgebühren für den Einsatz eines patentgeschützten Verfahrens nicht leisten können und ohne dem die Software nicht mehr konkurrenzfähig ist. Stell Dir vor, Du findest einen erstklassigen Lowcost-HTML-Editor mit sehr breiter Funktionspalette, der jedoch wegen eines Patents mit sehr hohen Lizenzgebühren das GIF-Format nicht unterstützt - dadurch wird wohl das ganze Produkt unattraktiv. Betroffen sind hier aber auch viele Open-Source-Projekte oder Freeware-Autoren, die ihre Software ohne Einnahmen anbieten. Es könnte also doch das Aus für das eine oder andere (auch nur deutschsprachig angebotene) Tool bedeuten.


KriT: Was machst Du sonst noch, außer Software und Internet? Wo liegen Deine Stärken und Schwächen oder anders: wie bringst Du Deine Persönlichkeit auf den berühmten Punkt? ;-)

Martin: Privat würde ich mich als Familienmensch bezeichnen und versuche, die Zeit mit meinen beiden Jungs und meiner Frau intensiv zu erleben und unter anderem den Sport als gemeinsame gesellschaftliche Basis zu haben, bei dem man alle Familienmitglieder gut einbeziehen kann. Auch liegt mir viel daran, meinen Kindern ein Stück Natur mitzugeben, dass sie gerne einen ganzen Tag im Freien verbringen und auch die Schönheit der Natur erkennen können, ohne nur den Fernseher, Gameboy oder sonstige technische Errungenschaften im Kopf zu haben.
Ansonsten lasse ich mich gerne von einem guten Buch fesseln oder gehe derzeit eher selten aber doch noch einem alten Hobby nach - der Fotografie, mit der ich mich in meiner Jugend viel beschäftigt hatte.


 

KriT: Zuguterletzt: Wie heißen kurz kommentiert Deine Lieblingsites?

Martin: Hier nehm ich jetzt ganz einfach und spontan ein paar Seiten, die in den vergangenen Jahren irgendwie hängen geblieben sind und die ich sofort ohne in den Bookmarks wühlen zu müssen in die Adressleiste eintippen kann. Zum Thema passend kann ich S-A-VE (die deutsche Shareware Autoren Vereinigug) empfehlen, hier erfährt der Software-Anwender einiges über das Konzept Shareware, und Shareware-Autoren wird ein umfassendes Potential an Fachwissen bereitgestellt. So, nun ein Schwenk zur "schönen Seite des Webs" ;-) Eine sehr ausdrucksstarke Galerie, die mich immer wieder fasziniert, ist bsimple.com von Misha Gordin. Ebenfalls ganz toll finde ich die Arbeiten von Siegfried Schreck. Siegfried arbeitet im Hamburger Hafen, entpuppt sich aber nebenbei als Multitalent in Sachen Computermalerei, Digitalfotografie und schreibt auch Songtexte und Kinderlieder. Und zuguterletzt noch der Einstiegspunkt rare.de, eine Ansammlung vorzüglicher Projekte, die ich schon von Anfang an beobachte. Wie hieß da der Webmaster doch gleich? ;-)


KriT: Vielen Dank für das interessante Interview, den Namen des Webmasters maile ich Dir. ;-)

www.aignes.com



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