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Kinder der 80er

Dass »Teenager« den »Erwachsenen« im Internet so einiges beibringen können, zeigt eindrucksvoll und beispielhaft Freya Gnam.


 

KriT: Sorry, wenn ich gleich zu Anfang auf Dein Alter abfahre. Aber Du hast mit 16 eine sehr ambitionierte und schön gestaltete Homepage im Netz, hast die Texte Deiner Mutter im Web veröffentlicht und kümmerst Dich um die Kinder der 80er. Wie ist es zu dieser Arbeit gekommen, was hat Dich angespornt und welche Schwierigkeiten waren zu überwinden?

Freya: Gerade jetzt habe ich noch genug Zeit und Idealismus ein so aufwendiges Hobby wie eine Website aufrecht zu erhalten.
Angefangen hat das Ganze vor zweieinhalb Jahren mit einer kleinen Selbstdarstellung. Da ich zu der Zeit viele E-Mail-Freundschaften pflegte, wurde mein erstes größeres Projekt ein E-Mail-Freundschafts-Service, den ich inzwischen jedoch wieder aufgegeben habe.

Freya Gnam in Aktion

Die Resonanz auf diese ersten Webdesignversuche war erstaunlich, so experimentierte ich weiter und baute meine Website aus.
Anfangs fand ich es schwierig, meine Ideen in HTML umzusetzen. Bald hatte ich damit weniger Probleme und konnte so mein Augenmerk verstärkt auf die Inhalte lenken.
Immer wieder bin ich beim Surfen auf gute Websites gestoßen, deren Webmaster wie ich in den 80er Jahren geboren wurden. So kam ich auf die Idee Kinder der 80er zu gründen, einen Webguide, der die Projekte junger WebdesignerInnen vorstellt.
Kinder der 80er ist heute das Projekt, das mich am meisten beansprucht. Mit Interviews und einer Langzeitstudie versuche ich Gemeinsamkeiten und Eigenheiten der Mitglieder zu analysieren. Ich interessiere mich für die langfristige Entwicklung von Webprojekten: Viele werden völlig umgestaltet, andere verschwinden gänzlich. Wie hat sich die Einstellung der Webmaster zu ihren Sites verändert?


KriT: Welche Rolle hatten und haben Deine Eltern auf dem Weg zum produktiven Umgang mit dem Internet gespielt?

Freya: Meine Eltern arbeiten beide am Computer, deswegen waren Computer für mich von vornherein in erster Linie Arbeitsmittel. Ich habe mich nie für Computerspiele interessiert.
Da mein Vater beruflich mit Computern zu tun hat, kann er mir immer wieder bei Problemen helfen. Meine Internet- und HTML-Kenntnisse habe ich mir jedoch selbst angeeignet. Heute ist es ja eher so, dass Teenager ihren Eltern in Sachen Internet etwas beibringen.
Meine Mutter stand meinen Webdesign Aktivitäten zunächst kritisch gegenüber. Sie war es auch, die mich immer wieder an die Bedeutung von guten Inhalten erinnerte.
Es ist sicher ein stückweit auf meine Eltern zurückzuführen, dass Design für mich kein Selbstzweck ist. Meine Websites versuche ich deswegen eher unauffällig und benutzerfreundlich zu gestalten.


KriT: Im Untertitel Deiner Hauptsite steht »Netz Projektion«. Warum diese Wendung?

Freya: »Netz Projektion« ist meine private Website, die sich weiterentwickelt und nicht von Anfang an durchgeplant war. Deswegen ist sie für mich eine Art Experimentierfeld, eine »Projektionsebene« für meine Ideen im Netz.


KriT: Um was geht auf der Website Badewannenbuch und wie ist die Resonanz darauf?

Freya: Das »Badewannenbuch« ist eine Sammlung kurzer, witziger Texte, in der sich verschiedene parallellaufende Erzählstränge verfolgen lassen. So kann man es konventionell, von Anfang bis Ende lesen, oder aber sich nur durch bestimmte Geschichten von Fenster zu Fenster klicken.
Meine Mutter hat das Badewannenbuch bereits Anfang der 80er Jahre geschrieben, aber erst durch die Möglichkeiten des Hypertexts kann es jetzt adäquat präsentiert werden.
Bis jetzt stellt das Badewannenbuch jedoch noch eine Art Geheimtipp dar.


KriT: Wenn Du auf Deine Erfahrungen mit dem Internet zurückschaust, was war schön, was weniger?

Freya: Was mich am Internet fasziniert, ist die Geschwindigkeit, mit der Daten veröffentlicht und vielen Menschen zugänglich gemacht werden können.
In Foren und Mailinglisten erhält man ungeheuer schnell Antwort auf alle möglichen Fragen.
Wenn ich zu einem Thema fundiertes Wissen benötige, greife ich inzwischen aber lieber wieder auf die gute alte Bibliothek zurück. Alles findet man im Internet eben doch nicht. Mir ging es schon so, dass ich Stunden damit verbraten habe, alle möglichen Websites aufzusuchen und hinterher keinen Deut schlauer war.
Um »mal schnell« etwas nachzusehen, ist das Internet jedoch schon praktisch.


KriT: Hast Du über das Internet auch neue Freundschaften gewinnen können, wenn ja, wie ist das passiert?

Freya: Über meine Website haben sich einige interessante Kontakte ergeben. Die meisten sind jedoch recht schnell wieder eingeschlafen, einige wenige haben sich zu regelmäßigen E-Mailwechseln gefestigt.
Meine Erfahrungen mit E-Mail-Freundschaften habe ich in einem kurzen E-Mail-Roman verarbeitet, für den ich momentan noch einen Verlag suche.


KriT: Wie können wir uns Freya privat vorstellen, ich meine Hobbys, Zukunftserwartungen, Träume und besonders ausgeprägte persönliche Eigenschaften?

Freya: Für mich vielleicht typisch ist die Mischung aus Ungeduld und Einfallsreichtum, die mich immer wieder dazu treibt, mir neue Projekte auszudenken.
Ich interessiere mich für Architektur und kann in einem schönen Raum richtiggehend aufblühen, sei es eine gotische Kathedrale, sei es ein modernes Museum. Für meine Architekturfotos habe ich eine eigene Website eingerichtet.
Wann immer ich Zeit dafür finde, lese ich, zuletzt mit Begeisterung Robert Musils Roman »Der Mann ohne Eigenschaften«.
Außerdem gehe ich gern und oft ins Kino: Programmkino, Filmgeschichtliches...
Ansonsten treffe ich mich auch gerne mit Freunden und ziehe ein gutes Gespräch allemal dem Computer vor.
Was die Zukunft angeht, möchte ich noch gar nicht allzu weit planen. In drei Jahren werde ich Abi machen, dann studieren, alles weitere kommt dann wahrscheinlich ganz anders, als ich es mir jetzt vorstelle.


KriT: Zuguterletzt die Frage nach Deinen aktuellen Lieblingssites: Wie heißen sie und was magst Du an ihnen?

Freya: Zwei völlig sinnfreie, aber innovative Websites sind Potatoland und Superbad. Da wird schon mal ein Handtuchhalter zur Menüleiste umfunktioniert.
Aus meiner Heimatstadt Karlsruhe stammt der Wolkenatlas: Schöne Wolkenbilder mit wissenschaftlichen Erklärungen.
Ich freue mich, wenn der neue Lebenswert-Newsletter ins Haus flattert, denn er enthält manchmal wirklich interessante Gedanken.
Auch das KriT Magazin gehört zu meiner regelmäßigen Lektüre.


KriT: Vielen Dank für das Interview. :-)

Freya Gnams Netz-Projektion



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